Das Thema Mobilität im Ländlichen Raum liegt Ihnen am Herzen? Sie interessieren sich für ehrenamtliche Mobilitätsangebote und haben praktische Fragen? Gibt es bei Ihnen vor Ort bereits Initiativen in diesem Bereich?
Das Land Baden-Württemberg will gezielt neue Impulse setzen, um den öffentlichen Verkehr auch in ländlichen Regionen zukunftsfähig zu machen. Es setzt dabei auf die Zusammenarbeit mit den Aufgabenträgern und Kommunen sowie auf eine intelligente Kombination weiterentwickelter ÖPNV-Konzepte mit neuen Ideen. Dabei kommt gut durchdachten und innovativen Angeboten, die den bestehenden Verkehr bürgerfreundlich ergänzen und gleichzeitig Luftschadstoffe und Lärmemissionen verringern, besonders große Bedeutung zu.
Mit Bürgerbussen und anderen ehrenamtlich organisierten Systemen soll die Erreichbarkeit vor allem in den ländlichen Räumen Baden-Württembergs weiter gefördert werden. Sie leisten zugleich einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der örtlichen Identität und sozialen Gemeinschaft.
Im Anschluss an unsere große Fachveranstaltung im Herbst 2015 bieten wir zu diesem Thema eine Reihe von Praxisworkshops an. In überschaubarer Runde haben Sie Gelegenheit, fachkundigen Referenten Ihre Fragen zu stellen. Wichtige Themen werden in Kleingruppen ausführlich diskutiert. Gern können Sie Ihre bisherigen Ideen mitbringen und im Dialog weiterentwickeln. Wir laden Sie herzlich dazu ein!
Modellprojekte Elektromobilität Ländlicher Raum: Erfahrungen und Ergebnisse
BürgerBusse in Fahrt bringen: Stationen auf dem Weg zum BürgerBus
Ländliche
Mobilität: Möglichkeiten und Merkpunkte für selbstorganisierte ehrenamtliche Angebote
Dr. Martin Schiefelbusch, NVBW -Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mbH
Bürgerbusse in der Praxis: Der Bürgerbus in Breisach
Thomas Stork, ProBürgerBus Baden-Württemberg e. V.
Das Elektro-Bürgerauto Oberreichenbach
Verena Greger, Oberreichenbach, Arbeitskreis Nahversorgung & Mobilität
Elekromobilität im Ehrenamt: Praxiserfahrungen und Tipps
Benedikt Krams, Universität Stuttgart
Das Planungstool „S.RufMobil" – Unterstützung für Bürgerrufautos
Kai Bounin, SIVIS GmbH
„Mini-Leitfaden” für den Aufbau eines Mobilitätsangebotes
Dr.
Martin Schiefelbusch, NVBW - Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg mbH
Silvia Lemke, Ministerium für Verkehr und Infrastruktur Baden-Württemberg, Ref. 32
Bürgerbusse und Gemeinschaftsverkehre
Die Rahmenbedingungen für den öffentlichen Verkehr verändern sich rasant: demographischer Wandel, Änderungen in der Arbeitswelt, im Freizeitverhalten sowie in den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Gerade im Ländlichen Raum steht der ÖPNV daher vor großen Herausforderungen. Um der Situation auf dem Land besser gerecht zu werden, sind neue Konzepte erforderlich. Es sind dabei vor allem solche Ideen gefragt, die es ermöglichen, vom Umfang her kleinere Verkehrsströme in Stadtrandbereichen, in kleineren Gemeinden und in ländlichen Regionen, abseits der regionalen Achsen, besser zu bedienen. Nötig sind aber nicht nur geeignete Angebotskonzepte, sondern auch neue Organisationsformen und Wege der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Mobilitätsanbietern.
Ehrenamtlich getragene Mobilitätsdienste - Bürgerbusse, Bürgerrufautos und Fahrdienste - sind ein Beispiel für ein solches Konzept. Schon heute bestehen im Land etwa 100 Angebote dieser Art, vor allem in den ländlichen Räumen. Sie verbinden Engagement mit dem Thema Mobilität. Durch die Kombination von Ehrenamt, Ortskenntnis und die Kooperation mit Gemeinden, örtlicher Wirtschaft und Verkehrsunternehmen können sie Anschlüsse zum Verkehrsangebot in Bus und Bahn bieten sowie Verbindungen zu ortsnahen Zielen sichern. Zugleich leisten sie einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der örtlichen Identität und sozialen Gemeinschaft.
Das Land will das öffentliche Verkehrsangebot auch auf dem Land erhalten und erweitern. Das Grundlagenpapier „Bürgerbusse und Gemeinschaftsverkehre - Bausteine der ländlichen Mobilität in Baden-Württemberg” ist ein Schritt auf diesem Weg. Es beschreibt Kriterien, mit denen sich die vielen möglichen Einzellösungen sinnvoll in den Gesamtkontext der öffentlichen ländlichen Mobilität einfügen lassen. Das Papier soll zugleich Leitlinie und Diskussionsgrundlage sein, um weitere Maßnahmen in diesem Bereich zu entwickeln.
Angebotstypen – ein Überblick
1. Bürgerbus
Idee: ehrenamtlich betriebener Kleinbus, der im öffentlichen Linienverkehr eingesetzt wird
- Kleinbus mit 8 Fahrgastplätzen
- öffentlicher Linienverkehr mit Genehmigung nach PBefG
- enge Abstimmung mit sonstigem ÖPNV
- fester Tarif
- möglichst barrierefreie Nutzungsmöglichkeit
- typische Einsatzbereiche sind Kleinstadt-Umland-Verbindung oder Verkehr zwischen Nachbarorten (z. B.
Ostrach, Nordheim, Niederstetten) oder „kleiner Stadtverkehr" (z. B. Uhingen, Bad Krozingen Wendlingen am Neckar)
2. Bürger(ruf)auto
Idee: verkehrt nach Vorbestellung flexibel in einem begrenzten Gebiet
- Telefonzentrale und Disposition nötig
- Haustür-Haltestelle, Haltestelle-Haustür oder Haustür-Haustür
- „Abstand" zum Linienverkehr zum Vermeiden von Konkurrenz
- öffentlicher Verkehr für alle Bevölkerungsgruppen
- Genehmigung nach PBefG (mit Tarif) oder „freigestellt" (mit Unkostenbeitrag / Spende)
- Pkw, Großraum-Pkw oder Kleinbus
- Beispiele: Boxberg, Meckenbeuren, Bad Liebenzell
3. Sozialer Bürgerfahrdienst
Idee: bedarfsgesteuerter Fahrdienst für bestimmte Gruppen und / oder Zwecke
- verkehrt auf Vorbestellung, meist Tür-zu-Tür
- Sammelfahrten (Zusammenfassen von Fahrtwünschen)
- oft vorrangig oder ausschließlich für bestimmte Gruppen (z. B. Senioren) oder Zwecke (z.
B. Einkäufe)
- genehmigungsfreier Verkehr (Spende oder Unkostenbeitrag)
- Angebotsumfang meist begrenzt (Fahrtage pro Woche)
- Beispiele: Ballrechten-Dottingen, Deizisau, Leinfelden-Echterdingen
4. PKW-Bürgerfahrdienst
Idee: bedarfsgesteuerter Fahrdienst mit privaten Fahrzeugen
- Fahrdienst auf Vorbestellung, Tür-zu-Tür
- Ehrenamtliche fahren mit dem eigenen Pkw
- meist Einzelbeförderung
- oft vorrangig oder ausschließlich für bestimmte Gruppen (z. B. Senioren) oder bestimmte
Zwecke (z. B. Einkäufe)
- genehmigungsfreier Verkehr (Spende / Unkostenbeitrag)
- Beispiele: Schwäbisch Gmünd, Seckach, Fischerbach
5. Gemeindebus
Idee: Kleinbus, der für Gruppenfahrten verliehen oder vermietet wird
- kein öffentliches Verkehrsangebot
- Gemeinde, Bürgerstiftung o. a. Träger stellt Kleinbus zur Verfügung
- nutzungsberechtigt sind örtliche Vereine, teils auch Einzelpersonen
- Kostenerstattung gemäß Nutzungsbedingungen
- keine Fahrten für Einzelpersonen buchbar
- evtl. sinnvolle Zweitnutzung für Fahrzeuge von Fahrdiensten o. ä.)
- Beispiele: Bergatreute, Horgenzell, Markgröningen
Für alle fünf Typen gilt: Die Angebote sollen das vorhandene Nahverkehrsangebot sinnvoll ergänzen. Der Angebotsumfang und das Verkehrsgebiet werden je nach örtlichen Verhältnissen und Möglichkeiten festgelegt, ebenso die Verteilung der praktischen Aufgaben und die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten.
Ausführliche Informationen zu den Angebotstypen finden Sie im Grundlagenpapier „Bürgerbusse und Gemeinschaftsverkehre – Bausteine der ländlichen Mobilität in Baden-Württemberg” (S. 19-26).